Schutz vor Gewalt
Das klare Ziel des Deutschen Turner-Bundes (DTB), der Deutschen Turnerjugend (DTJ), von uns sowie von allen anderen Landesturnverbänden ist die Schaffung einer Kultur des Hinsehens und des Handels in der gesamten Turnfamilie. Denn nur so kann eine Sensibilisierung für Gefahren erreicht werden. Wir sehen uns dem Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in besonderem Maße verpflichtet.
Ehrenkodex
Der DOSB und die dsj haben gemeinsam mit ihren Mitgliedsorganisationen eine Vorlage für einen Ehrenkodex entwickelt, der verschiedene Präventionsbereiche abdeckt und dabei insbesondere den Kinder- und Jugendschutz stärkt. Mit dieser Vorlage können Vereine einen eigenen Ehrenkodex, zugeschnitten auf die spezifischen Rahmenbedingungen, erarbeiten. Der Ehrenkodex soll von allen im Sport Tätigen, egal ob ehrenamtlich, neben- oder hauptberuflich, unterzeichnet werden. Für Übungsleiter*innen und Trainer*innen bietet der Ehrenkodex eine Möglichkeit aktiv persönlich zu bekunden, dass man sich für den Schutz der anvertrauten Kinder und Jugendlichen einsetzt.
Erweitertes Führungszeugnis
Das Bundeskinderschutzgesetz ist am 01.01.2012 in Kraft getreten. Insbesondere die Änderungen von §72a im SGB VIII betreffen die Arbeit des organisierten Kinder- und Jugendsports. Die öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe dürfen keine Person beschäftigen oder vermitteln, die gemäß dem Strafgesetzbuch wegen einer Straftat verurteilt worden ist. Aus diesem Grund sollen sich die öffentlichen Träger der Kinder- und Jugendhilfe in regelmäßigen Abständen von den betroffenen Personen ein Führungszeugnis vorlegen lassen. Dies kann eine sinnvolle Ergänzung zum Konzept von Prävention sexualisierter Gewalt sein, sollte jedoch von weiteren Maßnahmen begleitet werden. Auch wir vom Pfälzer Turnerbund unterstützen diesen Vorschlag und setzen dies selbst um.
Beantragung des Führungszeugnisses
Die Beantragung des erweiterten Führungszeugnisses ist gegen eine Bestätigung vom Verein/Verband für ehrenamtlich Tätige im Sportverein/-verband grundsätzlich kostenlos.
Intervention
Unter dem Begriff Intervention werden alle Maßnahmen zusammengefasst, die dazu beitragen, Vorfälle von jeglicher Gewalt zu beenden und die Betroffenen zu schützen. Außerdem umfasst die Intervention alle Schritte, die dazu beitragen, Vermutungen und Verdachtsäußerungen einzuschätzen und dementsprechend Maßnahmen einzuleiten. Folgende Maßnahmen dienen der Orientierung, um in konkreten Verdachtsfällen richtig zu handeln:
- Werden Vorfälle von Gewalt in Vereinen wahrgenommen, ist es wichtig in erster Linie Ruhe zu bewahren. Voreiliges Handeln führt meistens nicht zum Ziel. Opfer benötigen die Sicherheit, dass nicht über ihren Kopf hinweg Entscheidungen getroffen werden. Genaues Dokumentieren von Beobachtungen, Eindrücken, Gesprächen oder Aussagen können im weiteren Verlauf sehr hilfreich sein. Anschließend sollte man sich an eine Vertrauens- oder Ansprechperson wenden. Einige Vereine haben bereits eine*n Ansprechpartner*in für solche Fälle.
- Oftmals ist es hilfreich, sich bei einem konkreten Verdacht professionelle Hilfe von externen Fachstellen zu suchen. Allerdings sollte beachtet werden, dass bei Kontaktaufnahme mit der Polizei meistens ein Ermittlungsverfahren eingeleitet wird. Darüber sollte das Opfer in jedem Fall informiert werden.
- Nachdem sich ein Vorfall oder ein Verdacht von Gewalt bestätigt, muss dieser unbedingt dem Vorstand gemeldet werden. Bis der Verdacht/Vorfall nicht aufgeklärt ist, kann der Kontakt zwischen möglichem Täter und Opfer abgebrochen oder die verdächtige Person für diesen Zeitraum suspendiert werden. Im Vordergrund jeden Handelns steht das Wohl der betroffenen Person.
Prävention
Um im Voraus gegen Gewalt vorgehen zu können, wird jedem Verein geraten, ein auf dessen Bedürfnisse zugeschnittenes Präventionskonzept zu etablieren. Oft genug wird das Thema Schutz vor Gewalt im Sport nicht ernst genug genommen, die Problematik verharmlost oder gar ganz verschwiegen. Doch damit ist den Opfern nicht geholfen. Folgende vier Punkte sind erste wichtige präventive Handlungsschritte:
Jegliche Gewalt enttabuisieren
Es ist essentiell wichtig, dass im Verein ein Problembewusstsein über jegliche Formen von Gewalt herrscht, um entsprechende Situationen zu erkennen und dementsprechend darauf reagieren zu können. Je besser das Thema im Verein kommuniziert wird, desto einfacher ist es für Betroffene, sich jemandem anzuvertrauen. Dies wiederum hat zur Folge, dass potenzielle Täter abgeschreckt werden.
Mit einem systematischen Präventionskonzept haben Übungsleiter*innen mehr Handlungssicherheit im Umgang mit Kindern und Jugendlichen im Sportverein.Wissen und Handlungskompetenzen entwickeln
Eine kontinuierliche Kommunikation dieser Thematik ist grundlegend für eine gelungene Prävention im Sportverein. Das bedeutet im Konkreten, dass Übungsleiter*innen regelmäßig das Thema "Gewalt" bei Vereinssitzungen ansprechen sollen, um die Wichtigkeit zu verdeutlichen. Des Weiteren besteht die Möglichkeit für jeden Verein, eine vereinsinterne Qualifizierung mit Referenten*innen kommunaler Präventionsstellen oder der örtlichen Polizeikommissariate durchzuführen. Haben einige Mitarbeiter*innen eine solche interne Qualifizierung bereits gemacht, können sie darüber hinaus noch an weiteren externen Fortbildungen zu diesem Thema teilnehmen.
Sportliche Aktivitäten transparent gestalten
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist es, den gesamten Sportbetrieb transparent zu halten. Gerade das Stichwort Teamarbeit hilft, um eine "offene Sportstunde" zu gestalten. Diese Durchsichtigkeit hat auch in Zusammenarbeit mit den Eltern einen hohen Stellenwert. Eltern soll immer gewährleistet sein, dass sie während der Übungsstunden ihrer Kinder anwesend sein dürfen. Damit jedoch auch die Übungsleiter*innen Verhaltenssicherheit im Umgang mit Kindern und Jugendlichen entwickeln, ist es sinnvoll, einen gemeinsamen Verhaltensleitfaden aufzustellen. Dieses Regelwerk sollte gemeinsam in der Gruppe erarbeitet und regelmäßig überarbeitet werden.
Kinder stärken
Nicht alle Kinder kennen ihre Rechte. Daher sollten Mitarbeiter*innen des Sportvereins bei Gelegenheit mit den Kindern über ihre Rechte auf Gewaltfreiheit und sexuelle Selbstbestimmung sprechen. Darüber hinaus ist es wichtig, dass zwischen Kindern und Jugendlichen und den Mitarbeitern*innen des Vereins ein vertrauliches Verhältnis besteht, denn es sollte für sie kein Problem sein, um Hilfe und Rat zu fragen. Dazu gehört allerdings auch, dass die Stimme der jungen Menschen gehört und ernst genommen werden muss.
Wettkämpfe und Veranstaltungen
Sportverbände und -vereine haben eine originäre Verantwortung dafür, den Schutz vor psychischer, physischer und sexualisierter Gewalt in ihren Strukturen bestmöglich sicherzustellen. Sport im Verein soll Kinder und Jugendliche stark machen und ihnen ein schützendes Umfeld bieten. Daher sind dem DTB, der DTJ und dem PTB der Schutz von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen ein wichtiges Anliegen. Ziel ist es, eine Kultur der Achtsamkeit und des Hinsehens zu schaffen.
Ehrenkodex und Verhaltensregeln
Der Ehrenkodex ist ein sportartübergreifendes Dokument, welches die verschiedenen Bereiche des Persönlichkeitsschutzes abdeckt. Die Verhaltensregeln sind Regeln für die Arbeit mit den anvertrauten Kindern und Jugendlichen. Sie sind gleichermaßen eine Schutzmaßnahme für alle Beteiligten (geben Handlungssicherheit bei der Ausübung ihrer Tätigkeiten) wie auch für die ihnen anvertrauten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen.
Alle, die im Rahmen einer Veranstaltung für den Verein als Betreuende, Trainer*in oder/und Kampfrichter*in tätig sind, müssen einen Ehrenkodex und die Verhaltensregeln unterzeichnen. Der Verein bestätigt das Vorliegen dieser Dokumente mit der Wettkampfmeldung im GymNet.
Zusammenfassung der Maßnahmen bei Wettkämpfen:
✓ Jeder Verein muss bei einer Wettkampfmeldung versichern, dass von seinen Betreuenden, Trainer*innen und Kampfrichter*innen der Ehrenkodex sowie die Verhaltensregeln (jeweils nicht älter als vier Jahre) unterzeichnet vorliegen.
✓ Des Weiteren muss dem Verein ein erweitertes Führungszeugnis (EFZ) vorliegen (nicht älter als vier Jahre), wenn über die Wettkampfmeldung im GymNet eine Gemeinschaftsunterkunft gebucht werden kann.
✓ Die ausrichtenden Vereine holen von ihren Helfer*innen, die direkt am Wettkampfgeschehen beteiligt sind, die Unterlagen Ehrenkodex und Verhaltensregeln ein.